Wildhorn Germannrippe
Wenn eine Beiz als Treffpunkt vereinbart wird, startet eine Tour schon mal sehr vielversprechend. Und pressiert sind wir heute ja keineswegs, steht doch heute lediglich der Aufstieg in die Wildhornhütte an. Weil Tegi, Willi, Glöisi und Role etwas gar gut in der Zeit sind, legen die schon mal einen taktischen Verzögerungshalt in einem Lenker Café ein, schliesslich will die Bergfahrt zur Iffigenalp gut getimt sein.
Kaum oben angekommen trifft auch schon das Postauto ein, doch da steigt nur Stefan, nicht aber Stephan aus. Wie sich herausstellt, hat auch er einen Verzögerungshalt in einem Lenker Café eingelegt. Gemäss eigener Aussage von Anfang an als Zmorge-Pause so geplant 😉 In einem zweiten Poschi trifft schliesslich auch Stephan (ohne nennenswerte Zwischenhalte) ein und so sind nun alle da. Die Besetzung der sechs freien Seilenden für die morgige Tour ist also sichergestellt und wir können die Tour hochoffiziell im vereinbarten Restaurant starten.
Auch wenn die Sonne schon ganz schön einheizt (Primaloft und Daunenjäggli bleiben im Rucksi), geht der Aufstieg äusserst ring und kurzweilig vonstatten. Schliesslich gibt es seit der letzten Tour einiges zu erzählen. Eine kurze Trinkpause und den einen oder anderen Foto-Halt, um die fiktiven Insta-Kanäle zu bedienen legen wir aber natürlich gleichwohl ein.
Weil Stephan niemanden so wirklich für eine Klettergarten-Session begeistern kann, schliesst er sich Willi an, um schon mal den morgigen Weiterweg zu erkunden. Und bevor es sich Glöisi allzu gemütlich einrichten kann, wird auch er für die Erkundungstour lanciert 😊
Die anderen drei kümmern sich in der Zwischenzeit um die wichtigen Fragen des Lebens: Hat die Hütte nun 96 Schlafplätze – wie auf der Website der Sektion angegeben – oder "nur" deren 79, wie im Reservationsportal ersichtlich? Ersteres ist streng genommen korrekt. So viele Gäste vermag die Essstube jedoch nicht unterbringen, weshalb glücklicherweise nicht alle Betten vergeben werden. Auch so ist es ganz schön voll und laut.
Es hat möglicherweise Seltenheitswert, wenn auf einer Hütte nachts tatsächlich kein Fenster-auf-Fenster-zu-Kampf stattfindet. So hat die ansonsten eher bescheidene Nacht doch auch was Gutes… Besondere Eile ist beim Frühstück um 4 Uhr keine geboten – der Plan ist, dass wir die Gruppe mit dem Wildgrat als Ziel vor uns ziehen lassen. Das gelingt ihnen (oder uns?) dann auch gerade so. Auf jeden Fall brechen wir um 4:45 Uhr bei T-Shirt-Temperaturen auf in Richtung Germannrippe.
Diese erreichen wir bei traumhafter Morgenstimmung und sogleich steigen wir wie abgemacht ein: Tegi und Willi queren über ein Band direkt hoch zum zweiten Stand, Stefan und Stephan sowie Glöisi und Role steigen regulär über die markanten Risse ein. So entstehen keine langen Wartezeiten und wir kommen effizient vorwärts. Dass die Stände der ersten drei Seillängen jeweils unter einem Felsvorsprung gut geschützt sind, ist durchaus begrüssenswert. Denn gerade bombenfest präsentiert sich der Fels hier noch nicht. Dies ändert ab der vierten Seillänge jedoch deutlich: Während sich links und rechts des Pfeilers eindrückliche Wandfluchten eröffnen, von denen man sich kaum erklären kann, wie der ganze Schutt überhaupt zusammenhält, führt die Kletterei selbst über meist sehr soliden, griffigen und rauen Fels. Oft im zweiten, dritten Grad, eine Handvoll Stellen verlangt dann aber schon mal kräftiges Ziehen oder präzises stehen auf Reibung. Zu unser aller Freude gelingt das allen auch mit Bergschuhen tiptop und so bleiben die Kletterfinken den ganzen Tag im Rucksack.
Im unschwierigen Gelände vom Ausstieg der Kletterei bis zum Gipfel passieren wir mehrfach verschiedene Gesteinsschichten. Mal in Würfel gesplittert, mal plattig, mal grob, mal ganz fein. Allen gemein ist allerdings, dass sie unglaublich brüchig sind. Überhaupt ist die Nordseite des Wildhorns und seine Umgebung im Wesentlichen eine beeindruckend grosse, aber wunderschöne und absolut besuchenswerte Schutthalde. Fast etwas unglaublich, dass sich hier drin diese ansprechende Kletterlinie findet.
Den (nördlichen) Gipfel des Wildhorns haben wir beinahe für uns alleine, nur ein etwas gar hitziger Trailrunner gesellt sich noch dazu. Selbstverständlich werden wieder Berge in allen Himmelsrichtungen benannt, Pläne für künftige Touren geschmiedet und Erlebnisse von vergangenen Bergabenteuern geteilt, bevor wir uns im schon gut aufgeweichten Schnee an den Abstieg machen. Mühsam ist das Einsinken dank der Steilheit des Gipfelhangs zum Glück nicht und unten wo's flacher wird ist der Gletscher bereits aper, hier ist das Vorwärtskommen ohnehin kein Problem.
Knapp neun Stunden hat die Rundtour gedauert, bis wir wieder auf der Hüttenterrasse sitzen und dringend benötigte Flüssigkeit nachladen können. Frisch betankt und mit wieder vollen Rucksäcken nehmen wir den Abstieg unter die Füsse. Während das gestern hochwärts fast nebenbei ging, fühlt sich der Weg heute eher zäh an. Um von den schon etwas müden Beinen und der grossen Hitze abzulenken, malen wir uns schon eifrig aus, womit wir – einmal im Restaurant unten angekommen – Kehle und Geist verwöhnen werden.
Fleissig schafft das Bedienpersonal die georderten Getränke – es sind nicht gerade wenige – an den Tisch. Dass die persönliche Meinung des Kellners zum einen oder anderen möglicherweise etwas speziellen Wunsch schon mal lautstark kundgetan wird, können wir verkraften. In der geselligen Runde auf der idyllischen Gartenterrasse bietet es sich an, nicht nur den Durst zu löschen, sondern auch den Hunger zu stillen. Stephan hat uns leider bereits in Richtung Quartierfest verlassen, die anderen fünf labilen Gemüter sind bei sowas aber natürlich schnell dabei. Selbstredend, dass wir auch den unverhofft entdeckten Simmentaler-Biergarten im Lenker Dorfkern nicht einfach passieren…
Äs isch lässig gsi! Danke fürs Führen, Organisieren & dabei sein!
Mit von der Partie: Tegi,Glöisi, Role, Stefan, Stephan, Willi
Bericht: Roland Maron
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