Tourenprogramm

Grand Cornier 3962m

Unverhofft kommt oft

Es gehört zu einem richtigen Abenteuer, dass sich das gute Gelingen nicht von Beginn weg ausmachen lässt. Tatsächlich sah es für die Idee, mit einer Clubtour von Ferpècle aus mit einer Übernachtung im Dent Blanche Biwak den Grand Cornier zu überschreiten, lange eher schlecht aus.

Das Biwak - oder besser der unsichere Untergrund, auf dem es erbaut wurde - stellte das Unternehmen zuerst in Frage. Die am Fuss der Dent Blanche gelegene Unterkunft, ein sechseckiger, niedriger Bau, droht nämlich gegen Norden hin auf den wegschmelzenden Gletscher abzurutschen; ein Schicksal, dass hingegen, so wussten wir kurz vor der Tour, noch nicht unmittelbar bevorsteht. Einzige Einschränkung: die ohnehin recht spärliche Infrastruktur des Biwaks wird um das «Scheisshaus» reduziert. Dieses wurde so nah an den Abgrund hingebaut, dass der Berg es als erstes von seinem Rücken schütteln wird.

Als (zweiter), weiterer Spielverderber kommt bei der Bergsteigerei ja immer das Wetter in Frage. Und das war auch hier so. Im Vorfeld der Tour verhiessen die einschlägigen Berichte zuverlässig Gewitter. Wunschgemäss wurden die Berichte, je näher das Startdatum kam, desto besser. Die Sechsergruppe mit Tourenleiter Matthias und Bergführer Tinu konnte das Abenteuer angehen.

Der Weg zum Biwak ist weit und hält eine Fülle an Höhenmetern bereit. Der Anstieg verläuft aber gleichmässig über abwechslungsreiches Terrain. Die atemberaubende Landschaft, die Rettung einer eingeklemmten Jungziege und die leise Angst, dass das Biwak bereits von einer 20 köpfigen Gruppe von Osteuropäern in Feierlaune in Beschlag genommen worden sein könnte, liessen den Tag schnell vergehen. Das Biwak erreicht - die Osteuropäer haben sich offensichtlich ein anderes Biwak ausgesucht - wurde mit dem eigens heraufgeschleppten Gas gekocht, bis alle Trinkflaschen und Bäuche voll waren. Eine ruhige und kurze Nacht stand bevor.

Die eigentliche Traverse des Grand Cornier startet sanft in Gehgelände, bis sich der Grat gegen norden neigt und dem Bergsteiger mit steilen Aufschwüngen und interessanten Türmen einige knifflige Aufgaben stellt. Es ist nicht nur die fabelhafte Aussicht, auch das konzentrierte Klettern in dieser gut funktionierenden Gruppe mit einer beachtlichen Altersspanne, die wohl jeden Teilnehmer in diesen Momenten spüren liess: Hierfür lebt dieses Hobby in mir, dass mehr ist als blosser Zeitvertreib.

Der Abstieg vom Gipfel schien etwas leichter, brauchte aber am Übergang zum Gletscher noch einmal Konzentration. Darauf folgte ein stetes absinken in den Gletscher, bis die Moiry-Hütte sichtbar wurde und den müden Gliedern neue Motivation einflösste. Die Suggestion eines kühlen Biers half, die vielen, etwas eintönigen Höhenmeter bis zur Hütte und dann zur Postautostation hinter sich zu bringen.

Ein Abenteuer beweist sich auch dadurch, dass man froh ist, wenn man es überstanden hat. Dies galt hier auch für die lange und verwinkelte Fahrt im öV, der dank Festival an diesem Wochenende an der Kapazitätsgrenze lief. Überstanden, genossen, der freudigen Erinnerung überlassen.

Danke für die schöne Clubtour an Matthias und Tinu!

Der Schreiberling Jonas